Sansibarprojekt 2015
Nach den Anschlägen in den Jahren 2012/13 verfolgt Bischof Shao weiterhin sein Ziel.
Zwar ist es immer noch gefährlich, dennoch haben er und die Schwestern des Ordens ihre Arbeit nie niedergelegt.
Es werden allerdings neue Unruhen und Anschläge befürchtet. Durch die Neuwahlen in Tansania im Oktober, könnte das labile Verhältnis zwischen Muslimen und Christen erneut erschüttert werden. Auf dem Festland leben zu 60 % Christen, auf der Insel Zanzibar zu 99 % Muslime. Details nachzulesen unter Artikel Kontinente .
Status
Im Januar 2013 erreichte mich ein Schreiben Bischof Augustinus, dass ein Teil der Gelder und die ersten Sanierungsstufen vom Bistum freigegeben wurden. Die Sanierungsmaßnahmen, bei denen ich beratend mitwirken sollte, waren für Februar geplant. Erste Reisevorbereitungen hatte ich schon getroffen und Kontakt mit einem Sansibar erfahrenen Dolmetscher aufgenommen. Doch dann erreichte mich die erschütternde Nachricht, dass Priester Evarist Mushi, der mit der Beaufsichtigung der Restaurierungsarbeiten beauftragt war, am 17. Februar 2013 auf dem Weg zum Gottesdienst erschossen wurde. Dies war schon der zweite Anschlag auf einen Priester in einem Vierteljahr. Nun müssen zunächst neue Strukturen gebildet und die Sicherheitslage geklärt werden. Daher stoppte Bischof Shao den Beginn der Sanierungsarbeiten.
Die neusten Nachrichten, Dezember 2013, die mich erreichten verheißen nichts Gutes. Die Konfliktlage zwischen Christen und Muslimen hat sich verschärft. Im Sommer wurden auch europäische Helfer (Britinnen, die ihr freiwilliges soziales Jahr in einem Kindergarten in Sansibar ableisteten angegriffen. Siehe auch Artikel Tagblatt. Bis sich die Lage beruhigt hat, sind die Restaurierungsarbeiten zunächst einmal aufgeschoben.
Erste Eindrücke
Nachdem mich Norbert Wortmann aus Guldental überzeugen konnte, mit ihm gemeinsam nach Zanzibar zu fahren, um die dortige Kathedrale St. Joseph einem Gutachten und einem nachfolgenden Sanierungskonzept zu unterziehen, wurden wir von vielen positiven Einflüssen überrascht.
Deutsche Maßstäbe für die Bauunterhaltung und in der Denkmalpflege waren nicht zu erkennen.
Die angetroffene Situation der Fassade war wider Erwarten besser als auf Fotos dokumentiert. Man hat im vergangenen Jahr das Kirchendach erneuert und die Fassade großflächig gereinigt, sodass eine einheitliche Patina den Gesamteindruck der hundert Jahre alten Putzfläche verbessert. Durch die Reinigung wurde die allgegenwärtige schwarze Verkrustung der Fassade gemindert und eine Renovierungsnotwendigkeit stand nach der Besichtigung des Kircheninneren nicht mehr im Vordergrund.
Nach der Schadensaufnahme und der Zustandsbeurteilungen im Inneren der Kathedrale war frühzeitig klar, dass hier Prioritäten zur Schadens- und Unfallminimierung zeitnah durchgeführt werden müssen. Durch das über Jahre undichte Dach drang Feuchtigkeit großflächig ins Mauerwerk und zerstörte nachhaltig Putzflächen, Holz- und Eisenkonstruktionen, sowie die neo-romanischen Wandgemälde.
Mit einfachsten Mitteln überprüften wir die Standsicherheit bzw. die Befestigung von Putzprofilen und Konsolen, welche sich bereits auf gefährliche Weise von den Wandflächen abgelöst hatten. Metallanker und Nägel waren verrostet und erfüllten nicht mehr ihren Zweck zur Sicherung einzelner Bauteile.
Vorrangige Aufgabe besteht nun darin, die Unfallgefahr durch herabstürzende Bauteile zu verhindern.
Ein weiterer Schritt wird sein, die Standsicherheit einzelner Säulen zu überprüfen, die nach meinem Befund einen Metallkern beinhalten, der wahrscheinlich in der Basis stark oxidiert und dadurch die sichtbaren Schäden hervorruft. Schließlich soll ein Gesamtsanierungskonzept mit Arbeitsanweisung erstellt werden, das es ermöglicht fähige Arbeitskräfte vor Ort einzuweisen und in eigener Regie, so wie es Bischof Augustinus wünscht, auszuführen. Meine Aufgabe wird es sein im Spätjahr Oktober, November mit diesem Konzept und den dazugehörigen Materialien erneut nach Zanzibar zu reisen und unser Projekt fortzufahren.
Aber was bewegt mich persönlich nun dazu, nach den ersten Eindrücken, Bischof Augustinus und seinen Christen, die zu den Minderheiten auf der Insel gehören, zu helfen?
Schon am ersten Tag konnten wir uns über die Arbeit der Diözese und einer überaus lebendigen Pfarrei informieren. Diese Arbeit beinhaltet über die kirchlichen Verpflichtungen die Betreuung von Kindergärten, Seniorenheimen, Missionarsschulen und Erwachsenenbildung. Die Diözese Zanzibar steht im Dienste für 11.000 Christen, wobei davon allein 3.000 in der Gemeinde St. Josef zu finden sind. Gerade in einer Stadt, welche zu 99 % muslimisch mit über 300 Moscheen geprägt ist, ist die einzige katholische Gemeinde Anlaufstelle für viele soziale Aufgaben. Insgesamt unterhält die Gemeinde St. Josef 4 interreligiöse Kindergärten mit 200 Kindern und ein interreligiöses Altersheim. Wir konnten erfahren, dass trotz wirtschaftlich schwierigen Verhältnissen größten Wert auf Aus- und Weiterbildung gelegt wird. So wurden in den Missionarsschulen, wie z.B. der J.P. Marie Liebermann IR Schule mit 723 Schülern und Schülerinnen, Internats- und Wohnräume, sowie Krankenstation und eine neue Begegnungsstätte für Erwachsenenbildung gebaut. Die miterlebten Gottesdienste mit bis zu 500 Gläubigen war ein Erlebnis und Inspiration zugleich. Die liebevoll höfliche Art um Bischof Augustinus, sein Führungsstab, seine Priester und auch Missionarsschwestern prägten bei meinem Besuch eine Hochachtung für die Leistungen in diesem doch sehr schwierigen Umfeld.
Erste Erfolge sind schon zu verzeichnen, so steht ein Team an Ingenieuren und Handwerkern vor Ort zur Verfügung, die während unserer Abwesenheit vorbereitende- und Sicherungsmaßnahmen umsetzen.
Das Öffnen des Gotteshauses für Besucher wurde von Norbert Wortmann initiiert und schon am ersten Morgen kamen 50 Besucher, um das Gotteshaus zu besichtigen und zu beten. Dafür wurde ein Mitarbeiter der Pfarrei angestellt, um die Besucherströme zu betreuen und während der Besichtigung zu überwachen. Durch die Einnahmen der Touristen und Besucher soll langfristig die Instandhaltung der Kirche finanziert und gewährleistet werden.
Norbert Theis
11. April 2012