„Pützer-Kirche“

Restaurierung der evangelische Kirche Pfaffen-Schwabenheim

Die evangelische Kirche von Pfaffen-Schwabenheim wurde 1907–1908 vom Architekten Friedrich Pützer erbaut – ein herausragendes Beispiel reformorientierter Kirchenarchitektur im Übergang vom Historismus zum Jugendstil.

Im Rahmen einer umfassenden Sanierung wurde das Gotteshaus in den Jahren 2022–2024 innen wie außen denkmalgerecht instand gesetzt. Ein besonderes Augenmerk galt der Freilegung und Wiederherstellung der historischen Wandfassungen des Berliner Malers Paul Gathemann.

Unsere Leistungen

Maler Theis war mit der fachgerechten Restaurierung der farblichen Innenraumgestaltung beauftragt. In enger Zusammenarbeit mit Restauratoren, der Denkmalpflege und der ev. Kirche übernahmen wir:

  • Freilegung der bauzeitlichen Wandmalereien unter späteren Farbschichten
  • Rekonstruktion der ornamentalen Ausmalung nach Befund und Fotodokumentation
  • Anpassung der Farbsättigung im Einklang mit originaler Wirkung und Lichtverhältnissen
  • Technisch denkmalgerechte Ausführung mit historischen Maltechniken und Materialien
  • Ergänzende Putz- und Anstricharbeiten im Altarraum, auf Emporen und in Seitenschiffen
Norbert Theis beim Freilegen der Rautenmuster
Norbert Theis beim Freilegen der Rautenmuster

Besonderheiten

Die Besonderheit dieses Projekts lag in der engen Verbindung von künstlerischer Gestaltung, architekturgeschichtlicher Bedeutung und denkmalpflegerischer Präzision.

Die originale Ausmalung der Kirche stammt von Paul Gathemann, einem renommierten Kirchenmaler des späten Kaiserreichs, der bereits in Frankfurt mit Friedrich Pützer zusammengearbeitet hatte. Seine ornamentalen Wandgestaltungen sind selten erhalten – umso bedeutsamer war die Möglichkeit, die Pfaffen-Schwabenheimer Ausmalung anhand weniger Fragmente zu rekonstruieren.

 

Historische Aufnahme der ursprünglichen Fassung

Ein gestalterischer Schwerpunkt lag auf der Sockelzone, die mit rhombenförmigen Mustern in Rot-, Weiß- und Grautönen gestaltet war und bis zur Brüstungshöhe der Emporen reichte. Darüber verlief ein feiner Bordürenabschluss mit textilartigen Elementen – typische Merkmale des Jugendstils. Diese zurückhaltend-dekorative Gliederung trat in einen lebendigen Kontrast zur warmtonigen Holzdecke des Kirchenschiffs.

Zusätzliche gestalterische Akzente fanden sich an den konstruktiven Bögen der Seitenemporen, die – ebenso wie das Tonnengewölbe im Altarraum – mit zarten Gelb- und Blautönen farbig gefasst waren. Die Herausforderung bestand darin, die ursprüngliche Farbwirkung möglichst authentisch, aber nicht künstlich zu rekonstruieren. Dafür waren intensive Voruntersuchungen, Farbproben und Abstimmungen mit der Denkmalpflege notwendig.

Rautenmuster im Sockelbereich
Bögen der Seitenempore

Auch technisch stellte das Projekt hohe Anforderungen: Die Malereien mussten teils unter schwierigen Bedingungen freigelegt werden – auf teils rissigem Putz, mit starker Verschmutzung oder unter mehreren späteren Anstrichen verborgen. Die Ausführung erfolgte mit traditionellen Techniken und Materialien, angepasst an den baulichen Zustand und die liturgische Nutzung der Kirche.

Durch die behutsame handwerkliche Umsetzung konnte ein stimmiges Gesamtbild geschaffen werden, das die ursprüngliche Raumwirkung wieder erfahrbar macht – ein lebendiges Beispiel für denkmalgerechte Farbgestaltung im sakralen Raum.

Freigelegtes Muster

Rückblick

Die evangelische Kirche in Pfaffen-Schwabenheim wurde in den Jahren 1907–1908 nach Plänen des Darmstädter Architekten Friedrich Pützer erbaut, einem der bedeutendsten Vertreter des reformorientierten Kirchenbaus im frühen 20. Jahrhundert.
Das Gebäude steht stilistisch zwischen Jugendstil und Neugotik und zeichnet sich durch klare Raumproportionen, große Fensterflächen und ein bewusst schlicht gehaltenes Raumkonzept aus – als Gegenentwurf zu barocker Üppigkeit und historistischer Überladenheit.

In den Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die bauzeitliche Innenraumgestaltung zunehmend überstrichen oder vereinfacht – insbesondere die ornamentale Ausmalung des Berliner Künstlers Paul Gathemann, die sich ursprünglich durch das gesamte Kirchenschiff zog. Diese Malereien galten lange als verloren oder nicht rekonstruierbar.

Im Zuge der geplanten funktionalen und denkmalgerechten Sanierung wurde 2021 erstmals ein restauratorisches Gutachten beauftragt. Dabei kamen unter späteren Farbschichten original erhaltene Malfragmente zum Vorschein – insbesondere die rhombenförmige Sockelmalerei mit feinen Bordüren, die farbige Fassung der konstruktiven Bögen und Elemente des Deckengewölbes im Altarraum.
Auf dieser Grundlage entschied sich die Kirchengemeinde zur behutsamen Wiederherstellung der ursprünglichen Raumwirkung.

Die praktische Umsetzung erfolgte unter enger Abstimmung mit Denkmalbehörden und Restaurator:innen. Die Arbeiten mussten abschnittsweise durchgeführt werden – unter Erhalt der liturgischen Nutzbarkeit und unter hohen Anforderungen an Präzision, Farbgefühl und technische Umsetzung.
Besonderes Augenmerk lag auf der Anpassung der Farbsättigung an heutige Lichtverhältnisse, um die historische Wirkung möglichst authentisch, aber nicht künstlich erscheinen zu lassen.

Heute zeigt sich die Kirche wieder in ihrer ursprünglichen Farbigkeit und gestalterischen Klarheit. Die gelungene Verbindung aus denkmalgerechter Wiederherstellung und funktionaler Modernisierung macht das Projekt zu einem Vorbild für den sensiblen Umgang mit historischer Bausubstanz im sakralen Raum.